Die
genetisch bedingte Ivermectin-Empfindlichkeit (MDR1-Defekt)
Ivermectin
ist ein normalerweise sicher anzuwendendes Antiparasitikum, das bei einer intakten
Blut-Hirn-Schranke nicht ins Gehirngewebe übergehen kann. In den 1980er Jahren
wurden erstmals bei Hunden gravierende neurotoxische Effekte bei der Verabreichung
von Ivermectin beobachtet. Betroffene Tiere zeigten neurotoxische Effekte bereits
bei einer Dosierung von 150µg pro kg Körpergewicht, während nicht
betroffene Tiere eine Gabe von bis zu 2000µg pro kg Körpergewicht ohne
das Auftreten einer klinischen Symptomatik verabreicht werden konnte. Klinische
Symptome betroffener Tiere können von Bewegungs- und Koordinationsstörungen,
Desorientiertheit, Erbrechen und Zittern bis hin zu komatösen Zuständen
reichen.
MDR1-Defekt
- bislang nachgewiesen bei
Collie
(Kurzhaar- und Langhaarcollie, Border Collie), Shetland Sheepdog, Australian Shepherd,
Bobtail, Longhaired Whippet, Silken Windhound
MDR1-Defekt
Die Mutation und der Erbgang
Die Überempfindlichkeit gegenüber dem Antiparasitikum Ivermectin ist
durch einen Defekt im Multidrug-Resistenz Transporter (MDR1) bedingt. Dieser Transporter
sitzt an Endothelzellen, die die Wände von Blutgefäßen auskleiden.
Hierbei werden Arzneistoffe und toxische Verbindungen in den Gehirnkapillaren
zurückgehalten. Durch eine Mutation im MDR1-Gen (es fehlen vier Bausteine
in der MDR1-Sequenz) verliert der Transporter seine Schutzfunktion und Substanzen
wie Ivermectin, Loperamid oder andere Arzneistoffe können die Blut-Hirn-Schranke
ungehindert passieren, was zu schweren neurotoxischen Wirkungen führen kann.
Neben Ivermectin und Loperamid sind weitere Arzneistoffe bekannt, von denen erwartet
werden kann, daß sie bei Anwendung in Verbindung mit einem defekten MDR1-Transporter
vermehrt ins Gehirngewebe übertreten können.
In der Tabelle sind drei Stoffgruppen aufgeführt: die Stoffgruppe A
beinhaltet alle Arzneistoffe, die bei defektem Transporter gesichert ins Gehirn
übergehen; in der Stoffgruppe B sind die Präparate aufgeführt,
bei denen in Tierversuchen eine Interaktion nachgewiesen werden konnte und deren
Gabe nur unter sorgfältiger Kontrolle erfolgen sollte; die Stoffgruppe C
listet die Arzneimittel auf, die auch bei einem Defekt problemlos gegeben werden
können.
Stoffgruppe
A
Dürfen
bei Hunden mit defektem Transporter nicht angewandt werden
Ivermectin-Präparate (Diapec, Ecomectin, Equimax, Eqvalan, Ivomec, Noromectin, Paramectin, Qualimec, Sumex, Virbamec)
Doramectin-Präparate (Dectomax)
Moxidectin-Präparate (Cydectin, Equest)
Loperamid-Präparate (Imodium)
Stoffgruppe
B
Interaktion
ist nach-gewiesen; sollten nur unter Beobachtung verwendet werden
Zytostatika (z.B. Vinblastin, Doxorubicin, Paclitaxel, Docetaxel, Methotrexat)
Immunsuppressiva (Cyclosporin A)
Herzglykoside (z.B. Digoxin, Methyldigoxin )
Opioide (Morphin)
Antiarrhythmika (Verapamil, Diltiazem, Chinidin)
Antiemetika (Ondansetron, Domperidon)
Stoffgruppe
C
Können
problemlos angewandt werden
Stronghold, Advocate und Milbemax nur in der zugelassenen Applikationsform und Dosierung!
Der
MDR1-Defekt wird autosomal-rezessiv vererbt. Das bedeutet, daß ein Hund
nur erkrankt, wenn er je ein betroffenes Gen von Vater und Mutter erhalten hat.
Es müssen also sowohl Vater- als auch Muttertier das MDR1-Defektgen tragen.
Träger, d.h. Tiere mit nur einem betroffenen Gen, leiden zwar selbst nicht
an der Ivermectin-Empfindlichkeit, geben aber die Erbanlage mit einer Wahrscheinlichkeit
von 50% an ihre Nachkommen weiter. Bei der Verpaarung von zwei Trägern besteht
die Gefahr, daß die Nachkommen von der Erkrankung betroffen sind. Deshalb
sollte niemals ein Träger mit einem anderen Träger verpaart werden.
MDR1
- der DNA-Test
Die
Entdeckung der Mutation führte zur Entwicklung eines DNA-Tests, mit Hilfe
dessen mit hoher Sicherheit Hunde identifiziert werden können, die eine genetisch
bedingte Ivermectin Unverträglichkeit entwickelt haben. Für den DNA-Test
wird zunächst aus einer Blutprobe die DNA des Tieres isoliert. Mittels der
sogenannten Polymerase-Kettenreaktion wird dann das betroffene Gen millionenfach
vervielfältigt, um es leichter analysieren zu können. Anschließend
wird automatisch mit Hilfe eines sog. SNP-Tests die Erbsequenz hinsichtlich der
Mutation untersucht.
Somit kann die Mutation direkt nachgewiesen werden und
vom MDR1-Defekt betroffene Hunde können sicher identifiziert werden. Da dieser
Test vorwiegend maschinell durchgeführt wird, sind Laborfehler praktisch
ausgeschlossen.
MDR1
gute Gründe für einen DNA-Test
Der
DNA-Test zum Nachweis der des MDR1-Defektes bietet Tierärzten und Züchtern
ein effizientes und äußerst sicheres Mittel zur Identifizierung Ivermectin-empfindlicher
Tiere.
Der DNA-Test kann bereits von Geburt an betroffene Tiere sicher identifizieren,
auch dann, wenn noch keine Komplikationen in der Behandlung aufgetreten sind.
So können schon frühzeitig sinnvolle Zuchtentscheidungen getroffen werden
und mittelfristig der MDR1-Defekt aus der Zucht entfernt werden.
MDR1 Material und Testdauer
Als
Probenmaterial sind 0.5 ml EDTA-Blut, Blutkarten bzw. Backenabstriche (spezielle
Blutkarten bzw. Abstrichbürstchen erhalten Sie von uns über: labogen
de ) geeignet.. Der Test wird bei uns mehrmals wöchentlich angesetzt. Das
Ergebnis liegt etwa 3-4 Arbeitstage nach Erhalt der Probe vor.
Weitere
Auskünfte erhalten Sie gerne bei Frau Dr. Ines Langbein-Detsch oder Frau
Dr. Petra Kühnlein, LABOKLIN GmbH und Co.KG in der Steubenstraße 4
in 97688 Bad Kissingen
unter Tel. 0971 /7202-0